Galgenstrick-Tour Höpfigheim: Stadt Steinheim an der Murr

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Galgenstrick-Tour Höpfigheim

Wir können heute von Glück sagen, dass uns der Anblick von Galgen, den grausamen, unheimlichen, und furchterregenden Richtplätzen erspart bleibt. Im Rückblick in die Geschichte ist es umso bemerkenswerter, dass das kleine Dorf Höpfigheim buchstäblich von Galgen umgeben war. Von jenen Orten, die die Menschen aus Furcht und Scheu vor den unseligen und ruhelosen Geistern der Gerichteten, aber auch wegen des abscheulichen Gestanks, den die verwesenden Körper verbreiteten, gerne gemieden hätten. Vor allem in der Nacht, wenn gruselige Sagen die Angst und den Abscheu noch verstärkten. Wer aber Höpfigheim verlassen oder den Ort erreichen wollte, musste die unheimlichen Hochgerichtsstätten unweigerlich passieren, egal, in welche Richtung ihn sein Weg führte.

Zahlreiche Geschichten und Legenden ranken sich um die Galgen der Region.
Erfahren Sie, welche Verbrechen hier gesühnt wurden.

1. Wildererdrama in Höpfigheim

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1825 ist in den Höpfigheimer Gemeinderatsprotokollen über ein Wildererdrama zu lesen. Der erst 16jährige Johannes Wägerle war in den frühen Morgenstunden des 15. Mai 1825 im Höpfigheimer Kälblingwald als Wilderer unterwegs. Dort wurde er vom Murrer Hofjäger Joseph Berger ertappt und erschossen. Im Sterberegister ist der Todeszeitpunkt mit 4 Uhr morgens angegeben. Sein Leichnam wurde der „Legal Inspection Section“ zur gerichtlichen Überprüfung und Sezierung übergeben. Noch am gleichen Abend wurde er um 18.00 Uhr beerdigt.

Hofjäger Berger wurde zunächst festgenommen und der Fall beim Oberamtsgericht in Marbach untersucht. Laut herzoglicher Wildererordnung vom 20. Oktober 1718 hatten die Jäger allerdings das Recht, im Wald auf Wilderer zu schießen, wenn sich diese auf der Flucht befanden und mit einem Gewehr bewaffnet waren.

Auch vom Tatbestand der Mitwisserschaft wurde Berger freigesprochen. Er musste lediglich die Kosten seiner Untersuchungshaft bezahlen sowie zwei Drittel der durch die gerichtlichen Untersuchungen angefallenen Kosten. Damit wurde das Verfahren gegen Berger eingestellt.

Im Laufe dieses Prozesses wurde auch der Vater, des getöteten Jungen, Christian Wägerle, der Wilderei bezichtigt. Eventuell hatte er seinen Sohn sogar bei der Tat begleitet. Zumindest hatte er sicher von den Taten seines Sohnes gewusst oder ihn sogar angestiftet. Eine Mitschuld wurde ihm in jedem Fall angelastet. Erschwerend kam hinzu, dass ihm grobe Lügen vor Gericht vorgeworfen wurden. Christian Wägerle wurde deshalb vom Criminal Senat des Königlichen Gerichtshofs für den Neckarkreis Esslingen zu einer dreieinhalbmonatigen Arbeitshausstrafe in Markgröningen verurteilt Zudem musste er die Kosten für seinen Arrest übernehmen sowie ein Drittel der Untersuchungs- und Gerichtskosten.

2. Kindsmord in Höpfigheim

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Ende 1689, erschütterte ein Kindsmord die Menschen in Höpfigheim. Die verheiratete Maria Johanna Mayer aus Höpfigheim hatte ein außereheliches Kind geboren und mit Hilfe ihrer Mutter Katharina Rukwid lebendig begraben. Angeblich habe das Kind noch zweimal geschrien, als die Frauen es in die Grube warfen. Im Februar 1690 gaben beide vor Gericht die Tat ohne „die Tortur“ (Folter) zu. Im März widerriefen sie jedoch ihre Aussagen. Nun wurde der Scharfrichter zur Folter bestellt. Die Kindsmutter wurde befragt, während sie an den hinter dem Rücken zusammengebundenen Armen „aufgezogen“ worden war. Sie gab zu Protokoll, dass sie befürchtete, ihren Mann zu verlieren, wenn er von dem Kind erfahren hätte. Zunächst habe sie versucht, mit Kräutern, die ihre Mutter ihr gegeben hatte, eine Fehlgeburt einzuleiten. Das habe jedoch nicht geklappt und man habe beschlossen, das Kind umzubringen. Bei der Geburt habe es noch gelebt.

Die Mutter, Katharina Rukwied behauptete zunächst, das Kind sei schon im Kübel tot gewesen. Daraufhin wurde auch sie „ad locum torturae“ geführt. Als sie vom Scharfrichter ebenfalls an den Armen aufgezogen wurde, bestätigte sie jedoch die Aussage ihrer Tochter. Sie habe nur aus Angst davor, enthauptet zu werden, gelogen. Die Angst war berechtigt. Mutter und Tochter wurden tatsächlich zum Tode durch das Schwert verurteilt und ihre Köpfe zur Abschreckung auf Pfähle gesteckt. In den Protokollen wird berichtet, dass an die Zuschauer, die um die Richtstatt einen Kreis gebildet hatten, auf Kosten der Stadt 1 Imi 9 Maß Wein ausgegeben worden sei.

3. Der letzte Hexenprozess

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1739 bis 1741 wurde der letzte aktenkundige Hexenprozess in Marbach verhandelt.

Delinquentin war die erst 13jährige Margaretha Wagner aus Murr. Ein Verwandter hatte sie wegen der Ausübung von Hexen- und Zauberkünsten beim Marbacher Vogtgericht angezeigt. Margarethas Mutter stammte aus Murr, der Vater war Soldat in Preußen. Die ersten sieben Jahre lebte das Mädchen bei ihrer Großmutter väterlicherseits in der Pfalz, anschießend bei ihrer Tante in Murr. Im Marbacher Frauengefängnis gab das Margaretha zu, diverse Hexenkünste zu beherrschen. Unter anderem könne sie eine besondere Salbe zubereiten. Wenn man Schippe, Schaufel, Gabel oder Besen damit einreibe, könne man damit ausfahren. Das habe sie in der Pfalz und auch elf- bis zwölfmal in Murr gemacht.

Im Oktober 1739 kam der Befehl aus Stuttgart, das Mädchen in ein verschlossenes Einzelzimmer im Stuttgarter Waisenhaus zu bringen. Auch dort gab sie zunächst alles zu, widerrief dann jedoch ihre Aussagen. Sie erklärte, dass sie alle Begebenheiten, die sie berichtet hatte, nicht selbst erlebt, sondern bei Lichtkarzen (abendliche Treffen, bei denen gerne Spukgeschichten erzählt wurden) gehört habe. Auch habe sie Angst vor Züchtigung und Todesstrafe gehabt, denn sie sei in Marbach geschlagen worden und man habe ihr Daumenschrauben angelegt. Außerdem habe sich der Stuttgarter Scharfrichter neben sie gestellt. Man habe ihr gedroht, sie würde ein halbes Jahr festgehalten und dann hingerichtet, wodurch sie noch mehr Angst gehabt habe.

Nun richteten sich die Ermittlungen gegen den Marbacher Vogt Venninger. Es stellte sich heraus, dass er Margaretha mit Hilfe seines Bruders, des Ingersheimer Pfarrers, Suggestivfragen gestellt hatte. Anstelle von Daumen-schrauben, die in der Vogtei nicht vorgefunden wurden, hatte der Stadtknecht mit Bindfaden und doppelten Hölzchen Margarethas Daumen zusammengeschnürt. Auch hatte er sie vor die Türe geschleppt und mit einem dicken Stock geschlagen, bis sie zu Boden ging und alles gestehen wollte.

Scharfrichter Neher hingegen hatte dem Mädchen wohl nichts getan, nur schweigend neben ihr gestanden. Seine bloße Anwesenheit war erschreckend genug. Anfang Januar 1741 kam Margaretha Wagner vom Waisenhaus in Stuttgart ins Ludwigsburger Zuchthaus. Dort ging sie zur Schule, wurde auch dort konfirmiert und nach tadelloser Führung nach Hause entlassen.

4. Spektakulärer Auftragsmord

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Anna Elisabeth Hunn aus Marbach hatte ihren Mann, den Tuchscherer Johann Sebastian Hunn gegen 50 Reichstaler „durch bestellte Hans Georg Veyhel, einen Bordenwirker zu Marbach, und Hans Peiler von Hoff, Bottwarer Amts, den 2. Juni 1776 im Bett und Schlaf“ erwürgen lassen. Involviert war auch ihr Liebhaber, der Schreiber Georg Friedrich Schwab, den sie nur ein halbes Jahr später heiratete. Die beiden gedungenen Mörder hatten Hunn erwürgt und ihn im Stall mit einem Strick an einen Balken gehängt. Der Plan ging zunächst auf und Hunn wurde als Selbstmörder unter dem Marbacher Galgen verscharrt. 1677 kam der schändliche Mord jedoch ans Licht. Hunn wurde exhumiert und auf dem Kirchhof ehrenvoll begraben.

Während des Prozesses wurde bekannt, dass auch die Mutter der Anna Elisabeth Hunn, Magdalena Wien aus Großbottwar und der Marbacher Trompeter Hans Jörg Betz von der Tat gewusst hatten und dass die Hunn auch mit dem Bürger und Wundarzt Paul Ludwig Jenisch, der mit der Schwester des Ermordeten verheiratet war, Ehebruch begangen hatte.

Während die eigentlichen Mörder nicht dingfest gemacht werden konnten, wurde Magdalena Wien nach dreivierteljähriger Gefangenschaft des Landes verwiesen, später jedoch begnadigt. Betz musste das Land dauerhaft verlassen. Im Juni 1677 wurden Anna Elisabeth Hunn und Georg Friedrich Schwab durch den Stuttgarter Scharfrichter hingerichtet. Hunns Kopf wurde zur Abschreckung neben dem Hochgericht (Galgen) auf einen Pfahl gesteckt und sollte dort auf unbestimmte Zeit bleiben.

Zwei Jahre später wurde mit Hunns Kopf, oder mit dem, was davon übriggeblieben war, Schindluder getrieben. Angestiftet von einem Badergesellen, der ihm Geld geboten hatte, nahm Hans Eicheler, Knecht bei Kaspar Hey in Steinheim, den Schädel vom Pfahl herunter. Wie Eicheler später dazu aussagte, wollte der Badergeselle jedoch nichts mehr von der Geschichte wissen. Daher steckte Eicheler den Kopf, als makabren Scherz, in ein Luftloch des Viehstalls seines Dienstherrn. Dessen Frau erschrak darüber so sehr, dass sie den Kopf mit einem Pfahl packte und ihn in den Garten des Steinheimer Klosterhofmeisters schleuderte. Eicheler wurde zu vier Wochen Arbeitshaft auf dem Hohenasperg verurteilt. „Der decollirtin Hunnin Kopf“ wurde durch den Kleemeister (Abdecker) aus Großbottwar „zum Cörper begraben“, der wohl nach der Hinrichtung am Galgen verscharrt worden war.

Erst Anfang 1682 wurde der gedungene Mörder, Hans Peiler bei einem Diebstahl in Beilstein gefangen genommen. Beim Verhör in Marbach sagte er aus, dass Anna Hunn und ihre Mutter ursprünglich verlangt hatten, er solle Annas Mann mit Schaidwasser (Salpetersäure) töten, das ihm die Därme „aufreißen möchte“. Die inzwischen 71-jährige Magdalena Wien wurde daraufhin doch noch hingerichtet und ihr Kopf ebenfalls am Marbacher Galgen auf einen Pfahl gesteckt. Auch Peiler wurde enthauptet und sein Leichnam auf das Rad geflochten.

5. Die große Zeit der Räuberbanden

Download der PDF Die große Zeit der Räuberbanden (PDF-Dokument, 380,35 KB, 05.05.2021)

Das 18. Jahrhundert war die große Zeit der Räuberbanden

Schwaben und der gesamte süddeutsche Raum erlebten im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert den Höhepunkt eines verbrecherischen Treibens, das die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzte. Den Boden für diese Entwicklung bereiteten die zahlreichen Kriege, die seit der Reformation das Land überzogen hatten. Sobald ein Krieg beendet war, über-schwemmte ein Heer von entlassenen Soldaten das Land, die sich mittel- und heimatlos als umhervagabundierende Bettler dem fahrenden Volk anschlos-sen. Oft genug war das Betteln nur der Anfang für kriminelle Karrieren, die in Raub, Brandstiftung oder Mord endeten. Die Gesetzlosen organisierten sich in immer größeren, intern spezialisierten Banden, die ihre Zusammen-setzung und ihren Wirkungskreis oft wechselten und sich dadurch dem Zugriff der Obrigkeit entzogen.

Die dichten Wälder im Schwarzwald, auf der Schwäbische Alb und im Welzheimer Wald wurden zu beliebten Gaunerrückzugsorten. Dass die Region, der sogenannte Schwäbische Kreis, durch eine Vielzahl an weltlichen und geistlichen Herrschaften zerstückelt war, spielte den Gesetzlosen ebenfalls in die Karten. Zeitweise teilten sich 29 Landes-herren, zwanzig reichsunmittelbaren Prälaten, einunddreißig Reichs-städten, sowie die österreichischen Herrschaften und die freien Reichstädte in Schwaben das Gebiet. Diese Konstellation bot allein oder in Banden agierenden Gaunern, die Möglichkeit, nach Verübung der Taten innerhalb kürzester Zeit auf „fremdes“ Hoheitsgebiet zu fliehen und sich so der weiteren Verfolgung zu entziehen.

Einer der in Schwaben bekanntesten Räubergestalten ist sicherlich der legendäre, 1729 in Ebersbach an der Fils als Sohn eines wohlhabenden Gastwirts, geborene „Sonnenwirtle“, Friedrich Schwahn. Für seine große Bekanntheit sorgte nicht zuletzt der Dichter Friedrich Schiller, dem er als Vorlage für die Hauptfigur, seines Essays „Verbrecher aus verlorener Ehre“ diente. Das Leben Schwahns, eines eitlen, aggressiven, gewalttätigen Kerls mit „allen Anzeichen der Großmannssucht“ ist durch Prozessakten gut dokumentiert. Das 1787 von Jakob Friedrich Abel veröffentlichte Räuberportrait „Die Lebensgeschichte Friedrich Schwahns“, zeichnet sein Leben atmosphärisch nach. Abel, der Sohn des damaligen Oberamtmanns in Vaihingen, hatte den Sonnenwirtle als neunjähriger Bub fast täglich im Gefängnis besucht.

Am 21. Juli 1760 wurde Schwahn in Vaihingen/Enz auf den Richtplatz geführt und von Scharfrichter Jacob Christoph Neher gerädert und geköpft. Sein Körper wurde anschließend auf das Rad gebunden, sein Kopf auf einen Pfahl neben der Richtstatt aufgespießt.

Ein besonders frech auftretender Vertreter der Räuberzunft war auch der sogenannte „Hannikel“, mit bürgerlichem Namen Jakob Reinhard. Mitglied einer uralten Zigeunerfamilie, von der viele Mitglieder ihr Brot mehr schlecht als recht mit unlauteren Mitteln verdienten. Zwanzig Jahre lang hielt Hannikel ganz Württemberg mit Raubzügen und Gewalttaten in Atem. Erst dem Sulzer Oberamtmann Georg Jacob Schäffer gelang es, ihn dingfest zu machen und seine Taten nachzuweisen. Reinhardt wurde 1787 in Sulz gehenkt.

Zu Hannikels Verhaftung hatte maßgeblich auch ein weiterer, Räuberhaupt-mann beigetragen: Johann Baptist Herrenberger, weit bekannt als der „Konstanzer Hans“. Auch ihn hatte Schäffer inhaftiert und zu einem umfassenden Geständnis bewegt. Darin machte er über 500 Gauner namhaft, verriet rund 100 Gaunerunterschlüpfe und Diebesherbergen, verhinderte, dass das Kloster Maria-Einsiedeln einem Brandanschlag zum Opfer fiel, verfasste ein Wörterbuch der Gaunersprache. Seine Aussagen führten schließlich zu seiner Begnadigung und Ernennung zum Hilfspolizisten.

6. Oberst erschießt Hirschwirt

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Das tragische Ende des Hirschwirts Zillhardt.
Kleinbottwar im Jahr 1720.

Der Oberst Johann Anton von Wartmann, 1661 unweit von Reval in Livland (heute Tallin in Estland) geboren, absolvierte eine erstaunliche militärische Karriere. Bereits in jungen Jahren diente er in schwedischen, russischen, österreichischen und kaiserlichen Heeren. 1685 heiratete er die jüngste Schwester des damaligen Schlossherren auf Schaubeck, Sebastian von Gaisberg. Die Ehe war wohl sehr stürmisch und unglücklich, was auch am ungestümen Gemüt von Wartmanns gelegen haben mag. 1698 kaufte er das 1693 zerstörte Rechbergsche Freigut in Großbottwar und baute es um 1700 wieder auf (heute Bowinghaus’sches Schloß). Von Wartmann war ein unguter Zeitgenosse. Ihm wurden Ehebruch und gefährliche Tätigkeiten durch Schießen, Hauen und Schlagen nachgesagt.

Familienmitglieder, Bürger, aber auch Magistrat und Vorgesetzte soll er mit widerlichsten Beschimpfungen überzogen haben und manch einer sei seines Lebens nicht mehr sicher gewesen. Auch sein Seelsorger, Pfarrer Wieland bescheinigte ihm einen ungemeinen Jähzorn, Rachgier und Gewalttätigkeit. Mit dem Vogt Kapff und den Großbottwarer Bürgern lag von Wartmann daher in ständigem Händel. Die Streitigkeiten führten soweit, dass er das Gebäude 1719 verkaufte und in das obere Stockwerk des Gasthauses Hirsch in Kleinbottwar einzog.

Der Wirt im Gasthaus Hirsch, Johann Jakob Zillhardt, mit der Tochter des Gaisbergschen Hausvogts Schildknecht verheiratet und Sohn des Ochsenwirts in Beilstein, war von Haus aus Metzger. Auch er soll einen hitzigen Kopf gehabt haben und es wird berichtet, Zillhardt sei so stark gewesen, dass er einmal in seiner Wirtshausstube fünf Dragoner überwältigte, um einen bedrohten Schumacher zu helfen. Zillhardt und von Wartmann führte das Schicksal also im Gasthaus Hirsch zusammen. Das Verhältnis der beiden war erwartungsgemäß angespannt und eskalierte am 15. Oktober 1720.

An diesem Tag konnte Zillhardt nicht, wie mit von Wartmann vereinbart, selbst dessen Weinmost aus dem Weinberg holen, sondern schickte den Anwalt Thomas Ladner. Da dieser nicht rechtzeitig erschien, kam von Wartmann in Rage und stellte zunächst Ladner zur Rede. Im Hirsch traf er dann auf Zillhardt, mit dem ein heftiger Wortwechsel entbrannte, in dessen Verlauf Zillhardt Wartmann die Wohnung kündigte. Von Wartmann ging daraufhin nach oben in seine Wohnung, wohin ihm Zillhardt folgte. Dort holte von Wartmann seine stets geladene Pistole aus der Kammer und zielte auf Zillhardt. Dieser stürzte sich auf den Oberst, um ihm die Pistole zu entreißen. Von Wartmann drückte ab und schoss Zillhardt in den Leib. Der Wirt verschied „am anderen Morgen um 7 Uhr mit Hinterlassung von 4 Waisen und eines noch ungeborenen Kindes“.

Von Wartmann, der zunächst flüchtete, wurde von Bürgern aufgegriffen und auf der Kanzlei des unteren Schlosses in Kleinbottwar verhört. Während der 37 Wochen dauernden Untersuchungshaft wurde er in seiner Wohnung im Hirsch rund um die Uhr von vier Bürgern bewacht. Die Herren von Gaisberg zogen sich aus dem Verfahren gänzlich zurück. Die Juristenfakultät Gießen stellte ein Gutachten auf Tod wegen vorsätzlicher Tötung. Das Privatgutachten mehrerer Tübinger Juristen lautete ebenso. Falls von Wartmann auf seiner Behauptung, in Notwehr gehandelt zu haben, beharre, solle er durch alle Grade der peinlichen Tortur (Folter) hindurch befragt werden. Um diese unehrenhafte Behandlung zu vermeiden, lieferte der Oberst schließlich ein Geständnis ab, mit der Einschränkung, er habe Zillhardt nur in den Fuß schießen wollen. Das Urteil lautete auf Enthauptung. Es wurde am Montag, den 30. Juni 1721 zwischen 3 und 4 Uhr morgens in Kleinbottwar vollstreckt. Durch den Eßlinger Scharfrichter, assistiert von seinem Kollegen aus Heilbronn, wurde von Wartmann „mit dem Schwert gerichtet, ohne vom Scharfrichter berührt zu werden“.

7. Der Rösslewirt aus Großbottwar

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Das Bottwartal hatte seinen eigenen „großen Räuber“.

Johann David Linse wurde 1751 in Großbottwar geboren. Sein Vater, der Metzger Häusser stammte aus Stuttgart, seine Mutter Klara war eine geborene Wildermuth aus Rielingshausen. Die beiden führten das „Weiße Rössle“,eine vor den Stadtmauern gelegene Schildwirtschaft (heute Gasthaus Rose). Der Vater verstarb sehr früh und hinterließ neben Johann noch die Mädchen Agnes und Regine. Die Mutter heiratete nun den Stuttgarter Metzger Andreas Linse und führte mit ihm das „Weiße Rößle“ weiter. In der angesehenen Gaststätte hielten auch die Zünfte ihre Versammlungen ab und bewahrten ihre Zunftladen auf. Der Rösslewirt hatte eine wichtige Stelle am Ort und bekleidete öffentliche Ämter wie das eines Gerichtsverwandten.

Als auch der Stiefvater starb (1777) kehrte Johann Linse, der in Heidelberg im Goldenen Ochsen als Keller, eine Mischung aus Kellermeister und Kellner, gearbeitet hatte, nach Groß-bottwar zurück. Kaum wieder in der Heimat löste er einen Skandal aus, weil Johanna Elisabeth Faber, die Tochter des Pleidelsheimer Pfarrers ein Kind von ihm erwartete. Gegen den Willen des Brautvaters heirateten die beiden im Frühjahr 1780. Noch im gleichen Jahr kauften sie Johanns Mutter und seinen Schwestern das Weiße Rößle ab. Mit dem Kaufpreis von 1650 Gulden hatten sie sich jedoch hoffnungslos übernommen und damit eine unaufhaltsame Abwärtsspirale in Gang gesetzt.

Nach einem festen Muster verübte er zunächst diverse Einbrüche in Großbottwar und Winzerhausen, später in Heilbronn. Meist arbeitete er nachts, alleine oder mit nur einem Komplizen. Nach dem Diebstahl eines Hammels, bei dem er beobachtet wurde, nahm man Linse in Arrest. Offensichtlich hatte seine Stuttgarter Familie jedoch so viel Einfluss auf die Obrigkeit, dass man ihn wieder laufen ließ.

Schließlich konzentrierte er sich mit seinen Einbrüchen auf Ludwigsburg und Stuttgart. Während Linse in Ludwigsburg Privathäuser oder Handwerksbetriebe ins Visier nahm, begann er die Serie seiner Einbrüche in Stuttgart mit einem Coup: dem Einbruch in die Landschaft, einem Gebäude, das ab 1819 als Landtag bezeichnet wurde. Da der Raum, in dem die öffentlichen Einnahmen in mehreren Geldkästen gelagert wurden, stark gesichert war, brach Linse, in Begleitung des Steinhheimer Müllers Schreiber, in der Nacht zum12. März 1782 ein Loch in die Außenwand des Gebäudes. Die beiden brachen einen Geldkasten auf und erbeuteten 6.301 Gulden. Die anderen Kästen ließen sie unangetastet. Mit seinem Anteil, 1.200 Gulden, bezahlte Linse seine Schulden und baute ein Haus.

Aber Linse ließ es nicht dabei bewenden. Er verübte noch weitere Diebstähle in Stuttgart, wobei er es besonders auf Silberwaren abgesehen hatte. Am 19. April 1789 wurde er, gemeinsam mit seinem Komplizen Gottfried Gruber aus Gronau, in Kornwestheim geschnappt. Bei der folgenden Hausdurchsuchung in Großbottwar wurden Berge von Diebesgut gefunden. Ebenso in einer eigens dafür ausgehobenen tiefen Grube, die an der Stadtdole als Versteck gedient hatte.

Linse kam in Untersuchungshaft in das Zucht- und Arbeitshaus in Ludwigsburg. Die schriftliche Verhandlung vor dem Stadtgericht Ludwigsburg führte der Ludwigsburger Oberamtmann Christoph Ludwig Kerner, der Vater Justinus Kerners. Während der Komplize Gruber eine zweijährige Zuchthaus-strafe absitzen musste, wurde Linse nach einem Rechtsgutachten der juristischen Fakultät der Universität Tübingen zum Tode verurteilt. Ausschlaggebend für das harte Urteil war vermutlich der als besonders schwere Straftat gewertete Einbruch in die Landschaftskasse. Das Urteil wurde am 21. November 1789 öffentlich am Ludwigsburger Galgen vollstreckt.